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Brennpunkt Verkehrswende

Wende im Diskussionsstau

Position
Berlin – 30. August 2019

Die Diskussionen um die Verkehrswende geraten ins Absurde. Es wird Zeit, dass die Politik klare Entscheidungen vorgibt. Ob das Klimakabinett der verunsicherten Groko das schafft?

Absurd ist: Laut einer Umfrage will ein Großteil der Bundesbürger – Klimaschutz hin, Klimaschutz her – weiter Auto fahren wie bisher. Sie haben nichts gegen Busspuren, wollen aber mit den eigenen vier Rädern weiterhin schrankenlos hinein in die Innenstädte, und Parken darf für sie keinesfalls teurer werden. Absurd ist auch der gegenteilige Ansatz: Die Front der Autogegner protestiert und demonstriert gegen die Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt – an erster Stelle wird gefordert: der „sofortige Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor”. Hallo? Geht es nicht ein bisschen rationaler?

Absurder Nulltarif für jedermann

Derweil profilieren sich Politiker mit scheinbar reichlich Engagement für den klimafreundlichen ÖPNV. Vom 365-Euro-Jahresticket bis zur Forderung, Bus und Bahn generell für alle zum Nulltarif anzubieten. Das rheinische Städtchen Monheim im Süden von Düsseldorf will das im nächsten Jahr für seine 44.000 Einwohner wahr machen – dank eines gut mit Gewerbesteuereinnahmen gefüllten Stadtsäckels. Für alle anderen, meist eher klammen Kommunen stellt sich aber die Frage, wer die fehlenden Fahrgeldeinnahmen bezahlt. Absurd: Es könnte wohl nur der Steuerzahler sein. Bundesweit wäre die Finanzierung des ÖPNV zum Nulltarif nur mit Milliarden-Subventionen aus den öffentlichen Haushalten möglich. Das aber wären eigentlich Mittel, um Busse und Bahnen zum Rückgrat der Verkehrswende auszubauen. Dass eine solche Argumentation nicht selbst absurd ist, zeigt die aktuelle Diskussion an Rhein und Ruhr: Dort will die Politik die alljährliche Fahrpreiserhöhung zum Zwecke der besseren Kostendeckung im Verkehrsverbund verhindern. Das ist nicht nur absurd, sondern auch noch populistisch: Ganz schnell warnten die Verkehrsunternehmen zurecht vor möglichen Folgen wie gestrichenen Linien und ausgedünnten Takten im Fahrplan.

Absurd auch: E-Scooter auf der Busspur

Zu den absurden Ideen zählen auch alle Überlegungen, Busspuren für andere „grüne” Fortbewegungsmittel, bevorzugt E-Autos, frei zu geben. Solche Vorrangspuren ermöglichen dem Linienbus, der selbst außerhalb von Großstädten im Schnitt 20 Personen auf einmal befördert, bekanntlich freie Fahrt am Stau vorbei. Wenn nun plötzlich Autos mit drei Personen an Bord und sogar E-Tretroller auf die Piste dürfen, ist es wohl vorbei mit der Busbeschleunigung. Dann müssen Gelenkbusse hinter Scootern herzockeln, bis sie mal die Chance zum sicheren Überholen haben. Da kann man nur noch auf praktische Vernunft im Klimakabinett hoffen.

Foto: Eberhard Krummheuer

Über den Autor

Eberhard Krummheuer fährt seit Kindesbeinen mit Bussen und Bahnen. Erst mangels Familienauto, dann trotz Familienauto. Der öffentliche Verkehr beschäftigt ihn sein Berufsleben lang als Journalist, viele Jahre als Redakteur der Wirtschaftszeitung „Handelsblatt”. Nun kommentiert er für Deutschland mobil 2030 aktuelle Entwicklungen in Sachen Mobilität und Logistik.

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