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Der öffentliche Verkehr als Wirtschaftsfaktor

News
Berlin –  20. Oktober 2021

Ein starker öffentlicher Verkehr ist gut für den Klimaschutz und leistet einen großen volkswirtschaftlichen Beitrag für die Wertschöpfung in Deutschland. Wie das System gestärkt und ausgebaut werden kann, diskutierten Expertinnen und Experten des öffentlichen Verkehrs und der kommunalen Spitzenverbände bei einem im Rahmen der Initiative „Deutschland mobil 2030“ organisierten Runden Tisches der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.).

Allzu oft werden in der Debatte um mehr Klimaschutz hohe Kosten als Hemmnis genannt, dabei verdeutlicht eine vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) beauftragte Studie, dass der öffentliche Verkehr neben seinen Vorteilen hinsichtlich Emissionen und ressourcenschonender Mobilität auch in einem erheblichen Umfang zur Wertschöpfung beiträgt. Das wissenschaftliche Gutachten „Der öffentliche Verkehr: Ein Wirtschaftsfaktor für Deutschland“ wurde vom Beratungs- und Forschungsunternehmen Conoscope in Kooperation mit KOWID (Kompetenzzentrum öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge an der Universität Leipzig) erstellt.

Im Rahmen des Runden Tisches stellte Conoscope -Geschäftsführer Thomas Lehr die zentralen Erkenntnisse vor. „Deutschland profitiert spürbar von den Unternehmen des öffentlichen Verkehrs, denn jeder Euro direkte Wertschöpfung bei den Unternehmen des öffentlichen Verkehrs ist mit weiteren 2,10 Euro Wertschöpfung verknüpft“, so der Gutachter. In Summe gehen rund 67,4 Milliarden Euro der Wirtschaftsleistung in Deutschland auf Geschäftstätigkeiten der öffentlichen Verkehrsunternehmen zurück.

Zudem führt jeder Arbeitsplatz bei Unternehmen des öffentlichen Verkehrs zu zwei weiteren Arbeitsplätzen in anderen Branchen. Damit sind über 930.000 Arbeitsplätze in Deutschland auf die Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen zurückzuführen. Auch hinsichtlich der Einkommenseffekte profitieren Haushalte und Familien. Beschäftigte der Unternehmen dieses Sektors erzielen Einkommen in Höhe von rund 17,5 Milliarden Euro. Über Leistungsverflechtungen entstehen weitere Einkommen in Höhe von 24,2 Milliarden.

Investitionen in den öffentlichen Verkehr lohnen sich

Die Ergebnisse der Studie liefern wichtige zusätzliche Argumente, massiv in den Ausbau und in das Leistungsangebot des ÖPNV und der Eisenbahnen zu investieren. Das stellte auch VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff heraus: „Die Ergebnisse dieser Studie belegen eindrucksvoll, dass im öffentlichen Verkehr jeder Euro Wertschöpfung nicht nur dem Klimaschutz hilft, sondern auch einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen vor Ort sowie für Deutschland insgesamt bedeutet.“ Für das Gutachten wurden umfangreiche Daten zu Einkaufsstrukturen, bezogenen Lieferungen und Leistungen, Personalaufwänden und finanziellen Kennzahlen aus einer repräsentativen Stichprobe von insgesamt 30 Verkehrsunternehmen bundesweit wissenschaftlich erhoben und ausgewertet.

Auch die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) stellten umfangreiche Daten zur Verfügung. Dazu Stefanie Haaks, Vorstandsvorsitzende der KVB: „Als KVB haben wir bereits 2012 eine ähnliche Untersuchung in Auftrag gegeben, die hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung der KVB für die Stadt für erhebliche Aha-Effekte gesorgt hat. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass die Mobilitätswende als unverzichtbarer Bestandteil für das Erreichen der Klimaziele erkannt wird. An der dafür notwendigen Finanzierung muss sich der auch der Bund beteiligen.“

Wie das kürzlich vorgelegte Leistungskostengutachten des VDV aufgezeigt hat, liegt der zusätzliche Finanzbedarf für dem Ausbau des Bus- und Bahnangebotes bei rund 48 Milliarden Euro bis 2030 – eine Summe, die sich nur über eine gemeinsame Finanzierung durch Bund, Länder und Kommunen decken lässt. Dass die Stärkung öffentlicher Verkehre dabei eine entscheidende Stellschraube zur Umsetzung der Mobilität in den Städten ist, verdeutlichten auch Verena Göppert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, und Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.

Weniger Verbote – mehr attraktive Angebote

Aktuell haben Verkehrsunternehmen und kommunale Aufgabenträger noch mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen. Steigende Impfquoten und niedrige Infektionszahlen wirken sich positiv auf das Mobilitätsbedürfnis der Menschen aus. Ein Beleg dafür sind über 700.000 Fahrgäste, die im September an der Aktion „Deutschland Abo-Upgrade“ teilgenommen haben, bei der Abonnentinnen und Abonnenten zwei Wochen lang über den Geltungsbereich ihres Tickets hinaus öffentliche Verkehrsmittel nutzen konnten – bundesweit und ohne zusätzliche Kosten. Um noch mehr Fahrgäste zu gewinnen, arbeiten die Unternehmen an neuen attraktiven Angeboten wie flexibleren Ticket und Tarifen sowie an einer besseren Vernetzung und innovativen digitalen Services.

Zur Erreichung der Klimaziele muss auch der Anteil des Schienengüterverkehrs weiter wachsen – von aktuell etwa 19 Prozent auf mindestens 25 Prozent bis 2030. Wie das gelingen kann, erläuterte Harald Kreft, Mitglied der Geschäftsleitung der Hamburg Port Authority und Leiter des Unternehmensbereichs Hafenbahn. Jüngst hat darüber hinaus ein Gutachten des VDV und der bei ihm organisierten 150 Güterbahnen hat dazu den Investitionsbedarf zur Stärkung des Schienengüterverkehrs ermittelt und empfiehlt der neuen Bundesregierung die Fokussierung auf schnell umsetzbare Maßnahmen.

Ob im Personen- oder Güterverkehr: Die Teilnehmer des von Johannes Pennekamp, Leiter des Wirtschaftsressorts der F.A.Z., moderierten Runden Tisches waren sich einig darin, dass der fortschreitende Klimawandel mehr Tempo bei der Mobilitätswende erfordert und das Thema deutlich sichtbar in den Koalitionsverhandlungen berücksichtigt werden muss.

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