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Deutschlands erstes BRT-Projekt: Ludwigsburg plant mit Fördergeldern

Future
Berlin – 08. Juli 2019

Bereits im Herbst 2020 sollen die ersten batteriebetriebenen BRT-Schnellbusse auf separaten Fahrspuren durch Ludwigsburg fahren. Geplant ist ein elf Kilometer langes, integriertes Verkehrssystem, das die verkehrsstärkste Achse der Stadt entlastet. Das Projekt ist Bestandteil des Sofortprogramms „Saubere Luft in Ludwigsburg“ und soll dazu beitragen, Fahrverbote zu vermeiden.

Es ist ein Novum: Das Land Baden-Württemberg hat dem Antrag der Stadt Ludwigsburg zur Programmaufnahme in das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) zugestimmt. Damit ist die Kreisstadt die erste Gemeinde Deutschlands, die für ein BRT-Projekt öffentliche Gelder erhalten könnte. Bis Herbst 2019 möchte die Stadt die Planung vorantreiben und einen konkreten Förderantrag beim Land einreichen. Das Land Baden-Württemberg hat bereits vor einigen Jahren die Fördermöglichkeiten für das international bewährte Schnellbus-System in die Verkehrsfinanzierung aufgenommen.

Portrait: Werner Spec, Oberbürgermeister der Stadt Ludwigsburg

„Wir freuen uns, dass das Land Baden-Württemberg die rasche Verbesserung unseres ÖPNV mit den BRT-Bussen fördern will. Mit diesem Kandidatenstatus für das BRT-System werden wir zielstrebig den konkreten Förderantrag ausarbeiten, den wir noch im Herbst 2019 beim Land einreichen werden.“

Werner Spec, Oberbürgermeister der Stadt Ludwigsburg

5 Kritierien des Institute for Transportation & Development Policy

Metropolen wie Rio, Istanbul, Luzern, Ottawa oder Santiago de Chile setzen bereits auf das Schnellbus-System, um den Stadtverkehr zu entlasten. Ludwigsburg könnte die erste Stadt Deutschlands werden, die den BRT einführt. Das leistungsfähige System adaptiert bestimmte Eigenschaften von Stadt- oder U-Bahn-Systemen: separate Fahrspurgen, stufenlose Einstiege und erhöhte Kapazitäten sollen den Betrieb zuverlässiger, bequemer und schneller machen. Das New Yorker Institute for Transportation & Development Policy hat fünf wesentliche Merkmale identifiziert, die einen BRT-Standard definieren. Sie sichern den hohen Qualitätsstandard, den das Schnellbus-System ausmacht:

  1. Separate Fahrspuren
    Separate Busspuren sorgen dafür, dass die Schnellbusse nicht von anderen Fahrzeugen blockiert oder behindert werden und vermeiden somit betriebliche Verzögerungen. 
  2. Betrieb in der Fahrbahnmitte
    Betonpoller oder Leitplanken trennen die Fahrspur des BRT vom restlichen Verkehr. Die Spur befindet sich in der Mitte der Fahrbahn, um die Busse vom belebten Straßenrand, parkenden Autos und Abbiegespuren zu separieren. 
  3. Off-Board-Ticketkauf
    Anders als im regulären Busbetrieb können Fahrkarten für BRT-Busse ausschließlich an den Haltestellen erworben werden. Somit werden Warteschlangen beim Ein- und Ausstieg vermieden. 
  4. Kreuzungs- und Vorfahrtsregeln
    Da der Individualverkehr nicht über die Busspur abbiegen darf, werden Wartezeiten und Verzögerungen vermieden. Zudem erhalten die Schnellbusse an Kreuzungen mithilfe intelligenter Ampelschaltungen Vorfahrt. 
  5. Barrierefreiheit
    BRT-Fahrzeuge bieten in Kombination mit barrierefreien Bahnsteigen an jeder Haltestelle einen vollkommen stufenfreien Zugang, was den Fahrgastwechsel deutlich beschleunigt. Mobilitätseingeschränkte oder Fahrgäste mit Kinderwagen können jederzeit ohne fremde Hilfe in die Bahn gelangen.

BRT als Übergangslösung zur Stadtbahn

Bereits im Herbst 2020 könnten die ersten BRT-Busse in Ludwigsburg fahren – zumindest auf einem Teilabschnitt. Zur Verbesserung des ÖPNV planen Ludwigsburg und seine Nachbargemeinden jedoch längerfristig den Bau einer Niederflur-Stadtbahn. Der erwartete Anstieg der Fahrgastzahlen durch die Einführung des BRT-Systems könnte sich auch positiv auf die Förderfähigkeit der geplanten Stadtbahn auswirken.

Die Tram soll das BRT-System zu einem späteren Zeitpunkt als Rückgrat des Nahverkehrs in der Kreisstadt ablösen und für höhere Kapazitäten sorgen. Denn auch wenn einige BRT-Fahrzeuge optisch an moderne Trambahnen erinnern, erreichen sie nicht die Leistungsfähigkeit des schienengebundenen Nahverkehrs. Hinzu kommt, dass Tramsysteme als deutlich robuster gelten. Dies betrifft nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch die Infrastruktur: Durch die hohe Belastung der Fahrspuren kann es an Haltestellen und vielbefahrenen Streckenabschnitten zu Spurrillen kommen. Die Entscheidungsträger im rund 250 Kilometer entfernten Regensburg haben sich aus diesen Gründen erst kürzlich gegen ein BRT-System und für den Bau einer Stadtbahn entschieden.

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