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Die Idee vom fahrerlosen Bus auf Bestellung

Future
Berlin – 05. Juni 2019

Autonome Minibusse ohne Fahrer sind noch Zukunftsmusik. Doch viele Verkehrsbetriebe testen und planen bereits neue Ideen für den Linienverkehr.

Expertentreff in Berlin: Beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ging es auf dem 4. „Zukunftskongress“ der VDV-Akademie Ende Mai zwei Tage lang um „Autonomes Fahren im öffentlichen Verkehr“. Die für die Branche hochinteressante Frage: Können sie ihre Netze mit Bussen und Bahnen in absehbarer Zeit durch autonome, also automatisch bewegte Fahrzeuge ergänzen, etwa für Linien in dünner besiedelten Gegenden oder zu nächtlichen Zeiten der Betriebsruhe? Minibusse, die auf elektronisch programmierten Linien unterwegs sind, aber nur „On Demand“ fahren, also wenn sie per App angefordert werden? Wenn das funktioniert, bekommt der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) eine neue Qualität: Er erschließt Stadtviertel oder Dörfer, die er heute wirtschaftlich nicht bedienen kann. Und weil er keine Fahrer braucht, können bei Bedarf Fahrten im dichten Takt-Abstand angeboten werden. Das sind, so wurde auf dem Kongress deutlich, praktische Ideen für eine neue, bessere Mobilität.

Deutsche Betriebe im Versuchsstadium

Doch so weit ist es noch nicht. Zwar gibt es in Deutschland mehr als ein Dutzend von Versuchsbetrieben, die allein in den letzten vier Jahren gestartet sind – allesamt mit elektrisch betriebenen Kleinbussen, die meist kaum mehr als eine Handvoll Passagiere aufnehmen. Sie fahren zwar mit Computer-Hilfe automatisch, aber nur auf der von ihnen durch eigene Fahrten „erlernten“ Strecke. Auch muss ein Fahrer immer dabei sein. Das ist so vorgeschrieben. Denn, so wurde auf der Veranstaltung immer wieder deutlich, noch ist die Technik nicht perfekt. Zwar stoppen die Minibusse zuverlässig vor Fußgängern oder anderen Hindernissen auf ihrer Spur, danach sind sie aber häufig ratlos, wie es weiter gehen soll. Wenn dann etwa ein Falschparker zu umfahren ist, muss der Aufpasser, schon mal „Steward“ genannt, ran. Ran an den Joy-Stick, denn Lenkräder haben die Kleinen gar nicht. Auch Hagelschlag irritiert gelegentlich die Sensorik, und bei Brückendurchfahrten und selbst unter dichten Laubbäumen bekommt die Satelliten-Ortung gelegentlich Probleme. Und noch sind die Kleinen Bummelanten: In Deutschland dürfen sie nicht schneller als 25 km/h fahren, die meisten sind langsamer. Aus Sicherheitsgründen, versteht sich. Tempo 50 ist noch ein hehres Ziel.

Viele offene Fragen

Die technischen Herausforderungen steigen dann weiter, wenn der autonome Bus im öffentlichen Verkehrsraum unterwegs sein soll, also nicht auf eigener, für ihn frei gehaltener Spur, sondern im alltäglichen Gewusel zwischen Pkw, Lkw, Radfahrern und Fußgängern. Nach den bisherigen Erfahrungen reicht dann auch ausgeklügelte Sensorik am Fahrzeug nicht aus für den sicheren Betrieb im Straßenverkehr. Dann muss zusätzliche Laser- und Radar-Überwachungstechnik stationär, also entlang der Route, insbesondere an Kreuzungen und Haltestellen installiert werden. Die Frage tauchte auf dem Zukunftskongress nur am Rande auf: Wer soll das bezahlen? Perfekt ist auch noch nicht der Rechtsrahmen für ein Fahren ohne Fahrer. Das ist bislang weltweit im Straßenverkehr nur mit Ausnahmegenehmigungen für Einzelfälle möglich. Internationale Regelungen für einen autonomen Autoverkehr gibt es nicht. Und auch auf nationaler Ebene sind die Juristen mit der Regulierung noch lange nicht fertig. Je nachdem, welche Landesbehörde die Zulassung für einen Testbetrieb erteilen soll, können die Anforderungen unterschiedlich sein, beklagten in Berlin die Entwickler der autonomen Fahrzeuge.

Verkehrsbranche bleibt am Ball

Gleichwohl hoffen die Verkehrsunternehmen, dass technische und rechtliche Entwicklungen in den kommenden Jahren speziell für den ÖPNV den „Level 4“ erreichen. Darunter verstehen die Experten jene Stufe, die hoch automatisiertes Fahren kleiner Transportgefäße ermöglicht und zulässt. Die Busse sollen sich dann zwar zuverlässig und souverän auch im Straßenverkehr bewegen, aber zur Sicherheit stets von einem Fahrer begleitet werden. Ob es einmal den „Level 5“ als ultimative Stufe für ein tatsächlich autonomes, „freies“ Fahren auf der Straße ganz ohne menschliche Kontrolle im Fahrzeug geben wird, ist selbst unter Experten umstritten. So oder so: Die Verkehrsbranche bleibt am Ball. Denn Metros fahren schon seit Jahrzehnten ohne Fahrer, in Potsdam ist die weltweit erste vollautomatisch gesteuerte Tram im Testbetrieb unterwegs, und in Hamburg wird ein Teilstück der S-Bahn für die fahrerlose Mobilität umgerüstet.

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