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Die Mobilität von morgen planen und bauen

Position
Berlin – 08. April 2019

Für eine effizientere und umweltfreundlichere Mobilität muss auch beim Planen und Bauen umgedacht werden. Im Interview erklärt Dieter Babiel, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, welche Lösungen er für zielführend hält.


Herr Babiel, das steigende Verkehrsaufkommen in den Städten bringt die Infrastruktur zunehmend an ihre Grenzen. Zugleich schieben die Städte und Gemeinden einen gewaltigen Investitionsbedarf im Verkehrsbereich vor sich her. Wo sehen Sie besonderen Handlungsbedarf?

Der von den Kommunen wahrgenommene Investitionsrückstand beläuft sich auf knapp 159 Milliarden Euro. Dabei entfallen ganze 24 Prozent auf den Bereich „Straßen und Verkehrsinfrastruktur“. Besonderen Handlungsbedarf sehe ich vor allem bei den kommunalen Brückenbauwerken. Bis 2030 müssen mehr als 10.000 Brücken in den Städten und Gemeinden ersetzt werden – das sind rund 15 Prozent aller Brücken in ganz Deutschland. Aber auch bei der Infrastruktur im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist die Lage angespannt: Angesichts steigender Fahrgastzahlen müssen und wollen die kommunalen Verkehrsunternehmen in den Ausbau ihrer Kapazitäten investieren, müssen zugleich aber einen enormen Sanierungsbedarf bewältigen.

Was muss passieren, um die kommunale Infrastruktur zu stärken?

Zum einen muss die Finanzierung dringend verbessert werden. Zwar verzeichnen Landkreise, Städte und Gemeinden insgesamt Rekordüberschüsse. Es gibt jedoch erhebliche regionale Unterschiede, gerade mit Blick auf die Investitionskraft. Zudem müssen die Länder den Kommunen eine Lösung für die ab 2020 wegfallenden, zweckgebundenen Entflechtungsmittel des Bundes anbieten. Zum anderen muss sich die Zusammenarbeit ändern. Dass Bauprojekte aus dem Kosten- und Terminrahmen laufen, liegt oft an mangelnder Kooperation von Planungs- und Bauprozessbeteiligten. Zur Verbesserung dieser Situation müssen die kommunale Bauherrenkompetenz gestärkt und partnerschaftliche Projektabwicklungen forciert werden. Dafür bietet die Bauindustrie neue Formen der Zusammenarbeit an.

Wie können Planung und Bau besser verzahnt werden, um die Vielzahl notwendiger Bauvorhaben schneller umzusetzen?

Wer Planungsengpässe überwinden will, muss die bisherige Trennung von Planen und Bauen überdenken und insbesondere bei Großprojekten mehr zusammengefasste Vergaben zulassen. Das Angebot der Bauindustrie hierfür ist eine intensive Projektvorbereitung und -zusammenarbeit. Dafür braucht es die „freie Wahl“ der wirtschaftlichsten Beschaffungsvariante, ein modernes Vergaberecht sowie die Einbeziehung von bauausführendem Know-how in der Planungsphase. Auch müssen über das kürzlich in Kraft getretene Gesetz zur Planungsbeschleunigung hinaus Wege für eine schnellere Planung geschaffen werden – zum Beispiel bei den Genehmigungsverfahren von Ersatzneubauten im Autobahnbrückenbau. Wenn eine alte Brücke durch eine neue an derselben Stelle ersetzt wird, reicht unserer Meinung nach ein vereinfachtes Verfahren, da braucht es kein komplett neues Planungsverfahren.

Die Luftverschmutzung in vielen Städten ist hoch. Welche innovativen Lösungen bietet die Bauindustrie an, um die Situation zu verbessern?

Es gibt eine ganze Reihe infrastrukturelle Baumaßnahmen, die zur Schadstoffreduktion beitragen können, sei es alleine schon die Begrünung von Fassaden und Dächern. Die Bauindustrieunternehmen forschen verstärkt an neuen Lösungen. Ein Beispiel dafür sind Lärmschutzsysteme mit Moos-Feinstaubpanels, die durch Aufnahme von Feinstaub nachweislich die Luftqualität verbessern und auch Stickoxide und Kohlendioxid binden, oder Straßenoberflächen, die Stickoxide deutlich reduzieren. Allerdings sind infrastrukturelle Baumaßnahmen nach wie vor stark reglementiert. Damit der hohe Forschungsaufwand der Unternehmen sich lohnt, muss sich die öffentliche Hand weiter öffnen und diese auch zulassen.

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie unterstützt die Initiative „Deutschland mobil 2030“. Warum ist Ihnen das Engagement für eine zukunftsfähige Mobilität in Deutschland so wichtig?

Wenn Deutschland bei der Umsetzung wichtiger Klimaschutzziele eine Vorreiterrolle einnehmen will, muss auch Mobilität neu gedacht und gemacht werden. Die Unternehmen der Bauindustrie bekennen sich zu einer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit den beteiligten Partnern aus der Verkehrsbranche und den kommunalen Spitzenverbänden wollen wir Lösungen auf den Weg bringen, die eine effiziente, attraktive und umweltfreundliche Mobilität fördern und so dazu beitragen, dass die Kommunen auch künftig das Rückgrat für wirtschaftliches Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt bilden.


Foto: Dieter Babiel – Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie

Zur Person

Dieter Babiel ist seit dem Jahr 2017 Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Seit 2001 ist Babiel in verschiedenen Funktionen für die Firma Saint-Gobain tätig – zunächst bis 2006 als Leiter Management Development in der Saint-Gobain Generaldelegation Mitteleuropa, danach bis 2016 als Arbeitsdirektor und Geschäftsführer Personal, Kommunikation und interne Dienstleistungen der Saint-Gobain Building Distribution GmbH in Frankfurt/Offenbach. Seit 2014 trägt Babiel als Personaldirektor Personalverantwortung für die 20.000 Mitarbeiter der Saint-Gobain Generaldelegation Mitteleuropa. Zudem gehört er zu den Gründern der Initiative „Deutschland baut!“, deren Ziel es ist, Image und Attraktivität der gesamten Bauwirtschaft nachhaltig zu steigern. Seit 2013 ist er Vorsitzender des Vorstandes von „Deutschland baut!“.

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