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Digitaler Güterverkehr: smarte Fahrzeuge und Waggons

Future
Berlin – 18. Mai 2020

Eine deutliche Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, ohne auch nur einen Meter neue Gleise zu verlegen? Experten halten das durchaus für möglich. Die Digitalisierung birgt das Potenzial, die Effizienz des Schienengüterverkehrs weiter zu steigern und durch Optimierung mehr Kapazitäten zu schaffen. Dabei geraten neben der Infrastruktur vor allem Fahrzeuge und Waggons in den Blick. Einige Beispiele.

Der Trassenbau ist enorm wichtig, aber auch nur begrenzt möglich. Umso entscheidender ist es, die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen und die Effizienz des Schienengüterverkehrs weiter zu steigern. Zumal die Zeit drängt. Bis 2030 will die Branche ihren Anteil von aktuell 19 auf 25 Prozent ausbauen. Große Hoffnungen setzt man dabei vor allem auf die Digitale Automatische Kupplung – kurz: DAK. Sie gilt als Schlüsseltechnologie auf dem Weg zur digitalen Schiene. Während in Europa bislang noch weitgehend auf althergebrachte Weise von Hand gekuppelt wird, bietet die DAK gleich mehrere Vorzüge. Sie erlaubt zum Beispiel neben der automatisierten Zugbildung auch die wichtigen Bremsproben und gewährleistet über Strom- und Datenleitungen eine zuverlässige Strom- und Datenversorgung innerhalb des gesamten Güterzuges. Sie unterstützt die Instandhaltung der Fahrzeuge und liefert die Voraussetzung für die Einbindung in digitalisierte Logistikketten.

Die Bedeutung der innovativen Technologie für die Zukunft des Schienengüterverkehrs haben führende Branchenvertreter, darunter der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) – erst Mitte Januar mit der Unterzeichnung einer vom VPI – Verband der Güterwagenhalter in Deutschland – initiierten DAK-Charta unterstrichen. „Wir müssen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung dafür sorgen, dass spätestens 2030 Güterwagen in ganz Europa automatisch kuppeln“, so gab VPI-Vorsitzender Malte Lawrenz das Ziel vor. Und die Kraftanstrengung wäre gewaltig. Etwa sechs bis zehn Milliarden Euro veranschlagen Experten laut VPI für die europaweite Ausrüstung von Waggons und Loks mit der neuen Technologie. Rund 450.000 Güterwagen und Loks müssten entsprechend ausgestattet werden. Um die DAK erfolgreich auf den Weg zu bringen sind laut der Charta drei Schritte notwendig: Stärkung der Forschung zur DAK, Festlegung eines europäischen Fahrplans zur Umstellung der Flotten und das Sicherstellen der Finanzierung des Migrationsprozesses. „Die flächendeckende Einführung der DAK ist ein komplexes und finanziell herausforderndes Vorhaben. Ohne eine breite politische Unterstützung auf nationaler wie europäischer Ebene wird diese Aufgabe nicht gelingen“, heißt es in der Charta.

Intelligente Wagen

Die Bedeutung der DAK wird von der Politik sehr wohl gesehen. So findet diese sich in dem im vergangenen Herbst vom Bundesverkehrsministerium vorgestellten Innovationsprogramm Logistik 2030 ebenso wieder, wie zum Beispiel auch das Thema „Intelligenter Güterzug“. Die Vision: „Der intelligente Güterzug ist Teil des Internet der Dinge und ermöglicht durch kontinuierliche Echtzeitinformationen über seinen Standort und Status an die Zugriffsberechtigten einen effektiven Einsatz verfügbarer Ressourcen.“ Einzelne Unternehmen haben bereits erste Schritte zur Umsetzung dieser Vision unternommen. DB Cargo will zum Beispiel bis 2020 die komplette Flotte von rund 68.000 Wagen mit modernster Technik und intelligenter Sensorik ausstatten. Mithilfe eines Telematikmoduls, GPS sowie RFID- und NFC-Tags sollen die analogen Güterwagen in die vernetzte digitale Welt überführt werden, so eine Meldung des Unternehmens. Über Mobilfunk sendet der ausgerüstete Wagen Signale während der Fahrt und bei Ereignissen wie Start, Stopp oder Stößen. Daraus können verwertbare Informationen zum Beladungszustand, Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Bewegung bei sensiblen Ladegütern ermittelt werden. Solche intelligenten Wagen sind ein entscheidender Schritt in Richtung smarter Güterzug.

Automatisches Fahren

Mehr Verkehr ohne zusätzliche Schienen? In diesem Kontext fällt häufig auch das Stichwort „Automatisches Fahren“ oder Automatic Train Operation (ATO). Was teilweise bereits im U-Bahn-Betrieb praktiziert wird, wäre auch in anderen Bereichen denkbar. Im Rahmen des Forums Schienengüterverkehr berichtete bereits im Februar Siemens Mobility von einem Pilotprojekt, das das Unternehmen mit den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) umgesetzt hat. Zwischen Lausanne und Villeneuve wurde dabei vollautomatisch gefahren. Bei diesen Testfahrten konnte, so Siemens Mobility, der Nachweis erbracht werden, dass automatisches Fahren im sogenannten ATO GoA2-Level (GoA = Grade of Automation) möglich ist. Bei diesem Level übernimmt die ATO die Fahrt, sobald der Lokführer die Bewilligung erteilt hat. Dieser kann auch jederzeit die Steuerung des Zuges wieder übernehmen. Die Vorteile des Einsatzes der Technologie sind laut Siemens vielfältig und reichen unter anderem vom energieeffizienten Fahren über eine optimierte Pünktlichkeit bis hin zu Einhaltung oder gar Verdichtung der Fahrpläne.

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