Zur Website
Direkt zum Inhalt Direkt zur Hauptnavigation

Wirtschaftsforscher plädieren für Anti-Stau-Gebühr

News
Berlin – 25. September 2020

Weniger Autoverkehr, mehr ÖPNV in der Münchner Innenstadt: Eine „Anti-Stau-Gebühr” könnte das richten, meinen die Wirtschaftsforscher des Ifo-Instituts an der Uni München. Schon sechs Euro Tagessatz würden reichen, den Pkw-Verkehr in der City um fast ein Viertel zu senken, heißt es in einer Studie.

Allein im Jahr 2018 hätten die Autofahrer in München – statistisch gesehen – jeweils rund 140 Stunden im Stau gesteckt. Umgerechnet in Geldwerte entspreche dies etwa Kosten von jeweils 2.500 Euro – neben den individuellen vor allem die externen Kosten für Umwelt- und Unfallschäden –, rechnet das Ifo-Institut vor: „München zählt mittlerweile zu den staureichsten Städten Europas.” Mit einer „verkehrslenkenden Bepreisung des Straßenverkehrs, einer Anti-Stau-Gebühr”, sollte eine Staureduktion durch Verkehrslenkung erreicht werden, indem die Kosten für eine Autofahrt im Vergleich zu den Alternativen steigen. Damit würden auch Umweltbelastungen des städtischen Verkehrs reduziert, und die Einnahmen könnten zweckgebunden für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs verwendet werden können.

Die Forscher haben sich die Erfahrungen angeschaut, die Mega-Städte rund um die Welt mit City-Maut-Projekten gemacht haben. Vielfach hätten Gebühren auf den fließenden Verkehr in den Innenstädten, häufig flankiert mit höheren Parkgebühren, den Individualverkehr auf der Straße deutlich reduziert. Das rechnet die Studie dann für München konkret vor: Bereits bei einer Gebühr von sechs Euro für den fließenden Verkehr sei in Verbindung mit den bereits erhöhten Parkgebühren eine Verminderung des Pkw-Verkehrs innerhalb des die Innenstadt umschließenden Mittleren Rings im Tagesdurchschnitt um mehr als 23 Prozent, in der Spitzenzeit sogar um 33 Prozent zu erreichen. Bei einer Gebühr von zehn Euro pro Tag wäre der Effekt noch einmal deutlich höher. Und entsprechend würden die Menschen in Busse und Bahnen umsteigen. In diesem Szenario wäre ein Ausbau von Bus und Bahn folgerichtig oder vielmehr sogar grundlegend, um der dann steigenden Nachfrage zu begegnen.

Zur ifo-Studie

Ob Anti-Stau-Gebühr oder City-Maut: In der Verkehrsbranche sieht man, dass ein Umsteigen auf den ÖPNV zunächst hohe Ansprüche in puncto Infrastruktur und Angebot erfüllen muss. In der jüngsten Broschüre des VDV „Kurs halten: Bus & Bahn bleiben Motor der Mobilitätswende” heißt es: „Vor allem ist für die Mobilitätswende aber planvolles und abgestimmtes Handeln erforderlich: Weg von einer Fokussierung auf den Autoverkehr hin zu einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung mit mehr öffentlichen Begegnungsräumen für Menschen.” In den öffentlichen Diskussionen wird immer wieder auf Wien als Musterbeispiel für weniger Auto und mehr Bus und Bahn verwiesen. Wien hat daran gut zwei Jahrzehnte gearbeitet und dreistellige Millionenbeträge investiert.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bus und Bahn in der Klimaschutz-Offensive

Trotz Corona-Pandemie: Die Klimaschutzziele der Europäischen Union sind nicht in der Schublade verschwunden. Im Gegenteil. Weitermachen, „Kurs halten”, muss die Devise sein. Das ist zugleich der Titel eines Positionspapiers des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) an die Adresse von Politik und Wirtschaft mit der klaren Ansage: „Bus und Bahn bleiben Motor der Mobilitätswende”.

weiterlesen

Verkehrswende in Coronazeiten: „Wir dürfen die Klimakrise nicht vergessen“

Über die Coronakrise dürfen wir die Klimakrise nicht vergessen. Und: Für die nachhaltige Mobilität darf es keine Ausreden mehr geben. Das betont Dr. Elisabeth Oberzaucher, Evolutionsbiologin an der Universität Wien und wissenschaftliche Leiterin des Vereins "Urban Human“. Sie erklärt Verkehrsunternehmen, wie sie sich an den evolutionär entwickelten Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren können. So kann die Verkehrswende in Coronazeiten gelingen.

weiterlesen

Brennpunkt Verkehrswende: Zeit für den großen Wurf

„Schneller bauen für starke Wirtschaft und klimafreundliche Mobilität” – der PR-Ton des Bundesverkehrsministers für seinen jetzt vom Kabinett verabschiedeten Entwurf eines Investitionsbeschleunigungsgesetzes. Mutlose Mogelpackung, sagen Kritiker. Wohl eher vorschnell: Es ist ein erster Schritt, beim Ausbau der Verkehrsinfrastrukturen voran zu kommen.

weiterlesen